1.
Kapitel
MITTEN DRUNTER
Einer der Männer
lachte, als sich der Nebel um Hermes hob.
Benommen
rieb er sich den Schlaf aus den Augen, doch der leistete Widerstand. Die
Umgebung verwirrte ihn ziemlich. Er war offensichtlich nicht in dem Bett, wo
er sonst aufzuwachen pflegte, nicht in seiner Wohnung, noch nicht einmal in
seiner Stadt. Er war auf freier Flur in einer ihm völlig fremden Gegend, die
in rhythmischen Auf und Ab Bewegungen an ihm vorbeihüpfte. Langsam wurde er
seekrank.
Er war
verstört.
Urplötzlich
aus seiner gewohnten Umgebung gerissen, wie eine Margerite, die einem
schwachsinnigen Auszählspiel dienen mußte. Sein Bewußtsein flatterte umher
zwischen seiner wirklichen und dieser Welt, verstoßen wie das letzte Blatt.
Gestalten waren urplötzlich in seine Welt geknallt, wie eine Auto gegen einen
Brückenpfeiler. Springflutartig brach die Szene über Hermes herein, und
unbarmherzig, geradezu brutal drängten Helden in Blechanzügen in sein
Blickfeld.
Heftig zog
Hermes am Zügel des Pferdes, auf dem er so unerwartet und plötzlich saß.
„Hüja, Hüja, äh nein, BRRRRR, BRRRRR!“ rief er und das Pferd blieb nach einem
kurzen Aufbäumen stehen. Es bremste nicht etwa langsam, nein, es
stemmte sich mit seinen Vorderläufen gegen die Erde, stocksteif, als ob es
plötzlich in Bronze gegossen wäre --- nicht ohne dabei eine 3 Meter lange
Spur in die Wiese zu ziehen --- und stand. Und Hermes fiel. Er fiel fast
vornüber. Fast. Die Trägheit brachte sich jäh in Erinnerung. Heftig mit den
Armen rudernd, stieß er einen Ruf aus, der sich ungefähr wie «Huhuhuhuhu»
anhörte und auf der Tonleiter langsam empor kletterte. Dem Gaul über den
Ohren hängend war es recht schwierig, das abhanden gekommene Gleichgewicht
wiederzufinden, zumal das Tier das ganz und gar nicht lustig fand und die
Szene mit wütendem Schnauben und unwirschen Schlenkern kommentierte --- und
Hermes nur noch mehr hin und her schüttelte, auf dem schmalen Grat zwischen
Herunterfallen und Sitzenbleiben. Nach einigem Hin- und Herschwanken
entschied er sich für Letzteres.
„Wer...
Was... Warum? Wo bin ich?“ stotterte Hermes vor sich hin, völlig außer Atem
und noch verwirrter.
„Wo kann
ich dir sagen, du bist in der Nähe von Camelot, wer und was du bist, solltest
du uns vielleicht sagen, und warum, das würde ich an deiner Stelle deine
Eltern fragen!“ sagte einer der sonderbaren Männer, die ihre Pferde ebenfalls
angehalten hatten und sich langsam um ihn versammelten, intelligenterweise
weniger abrupt und ohne lange Furchen in die Wiese zu ziehen.
Gelächter
brach aus, das zur Klärung seiner Frage nicht wahnsinnig viel beitrug.
„Ich finde
das ü b e r h a u p t nicht lustig,“ sagte Hermes verärgert, „Ich hab nicht
die geringste Ahnung, was passiert ist und wo ich bin, und ihr macht noch
Witze!“
Das
Gelächter verstummte.
„Tschuldigung.“
murmelte die Runde betreten.
„Is doch
wahr!“ motzte Hermes.
„Ja,
genau, du hast völlig recht, äh, äh...“. Der schon etwas ältere Kerl, der ihn
angesprochen hatte, geriet ins Stocken.
„Hermes.“
ergänzte Hermes. „Und ihr seid...?“
„König
Artus und die Tafelrunde!“ sagte König Artus.
„Ja,
genau!“ antwortete Hermes lakonisch. „Und ich bin der Kaiser von China!“
Die ganze
Gruppe verneigte sich vor ihm. „Heil Dir ehrwürdiger Kaiser von China!“ tönte
es anständig im Chor.
„Aber
nein!“ Hermes grinste verlegen. „Das ist ein Mißverständnis! Ich bin
natürlich nicht der Kaiser von China!“ versuchte er die Situation zu
berichtigen. Artus legte die Stirn in tiefe Falten. „Das sagt man bei uns
nur, wenn jemand etwas total Haarsträubendes erzählt.“
Hermes
fühlte, wie er den Napf genau getroffen hatte. Fast augenblicklich fühlte er
sich unwohl.
Artus
blickte etwas unglücklich drein. „Du glaubst uns nicht?“
Heiß und
kalt zugleich lief es Hermes über den Rücken. Jetzt war ihm wirklich übel. Er
hatte einen Fehler gemacht. Wenn er sich wirklich im Mittelalter befand, was
er einerseits nicht glauben wollte, und wenn das wirklich leibhaftige Ritter
waren, was andererseits ganz danach aussah, saß er ganz schön in der Scheiße.
Einem Edlen des Mittelalters nicht zu glauben war vermutlich so gut wie ihn
der Lüge zu bezichtigen. Und wie das endete, konnte er sich denken. Sein Kopf
würde aufgespießt auf einem verwitterten Eichenpfahl irgend eine der Burgen
des Ritters zieren und den Vögeln als Landeplatz oder zu noch Unangenehmerem
dienen. Hermes war sich ziemlich sicher, das ihm das nicht behagen würde. Wo
war er hier in drei Teufels Namen nur hingeraten?
Er
schluckte. Der Kloß in seinem Hals hinterließ ein widerliches, laut würgendes
Geräusch.
„Oh doch,
natürlich glaube ich euch!“ krächzte er hervor, „Ich war nur etwas
überrascht, denn es passiert mir nicht alle Tage, daß ich den König
Artus treffe!“
„Wieso den
König Artus?“ fragte Artus.
„Naja,“
Hermes hustete, „über dich gibt’s bei uns unzählige Geschichten und so, du
bist sozusagen eine Legende.“
„Legende
--- Warum?“ fragte König Artus und wurde ein Stückchen größer.
Hermes war
sich nicht sicher, was er sagen sollte. Für Artus gab es keine Geschichte.
Jedenfalls nicht seine eigene, oder nicht alles davon. Oder --- ist ja egal.
Er schien ein ganz gewöhnlicher König zu sein, einer unter Hunderten, die die
Geschichte hervorgebracht hatte. Bis jetzt machte er nicht den Eindruck, als
würde sie sich seiner erinnern.
Er kratzte
seine Kenntnisse zusammen, die er aus dem Fernsehen und einschlägigen Romanen
hatte. „Naja, weil du England geeint und nach dem Gral gesucht hast, und
so!“
„Hä? Ich habe
was?“
„Du hast
die zerstrittenen Könige und Fürsten alle unter einen Hut gebracht, äh,“
Hermes hüstelte verlegen,“ an deiner runden Tafel vereinigt und so, die Macht
Englands begründet, war´s nicht so?“
Artus
blickte ihn verständnislos an, dann begreifend, schließlich erheitert.
„Äh, ja,
die Tafelrunde hab ich zu meinem Vergnügen eingerichtet, Ritterspiele,
Turniere, hübsche Hoffräuleins, all das eben weißt du, alles was Laune macht,
sonst ist das Leben auf so ´ner riesigen Burg einfach langweilig.“
Hermes
atmete durch. Die Kurve gerade noch einmal gekratzt, wie es schien.
„Von einer
Einigung Englands hab ich bisher aber noch nicht viel bemerkt!“ warf einer
der anderen Ritter ein.
„Ich auch
nicht!“ sagte Artus, „Manche Könige ganz oben im Norden gehen uns noch immer
ganz schön auf den Senkel mit ihrer Annexionspolitik, Mann, ich kann dir
sagen!“ Er machte eine kleine Pause, so, als ob er sich an etwas zu erinnern
versuchte.
„Gral? Was
war noch mit dem Gral? Sagt mir gar nichts, Gral, was ist das denn?“
Jetzt war
es Hermes, der erstaunt dreinschaute.
„Du hast
keine Ahnung, was der Gral ist?“ fragte er.
Artus
schüttelte den Kopf. „Gawain? Haben wir schon einmal was von einem Gral
gehört?“
„Äh, nein
Chef, nicht daß ich wüßte!“ Ein stämmiger Ritter, der über seiner
Eisenrüstung noch einen langen Mantel mit vielen Taschen trug, in denen er
ständig herumkramte als ob er etwas suchte, war etwas näher heran gekommen.
„Ich hab keine Ahnung, was das sein soll!“ sagte er.
Hermes
betrachte die Gestalt mit Interesse.
„Nein ich
habe keine Ahnung, was ein Gral ist!“ sagte König Artus bestimmt, wieder zu
Hermes gewandt.
Mit einem
Mal hatte er die ganze Geschichte vor Augen. Die Nebelschwaden des
Unterbewußtseins verzogen sich wie Morgendunst und gaben den Blick frei auf die
Dinge, dessen er sich so direkt lieber nicht bewußt geworden wäre. Es war wie
ein Film, der vor seinen Augen ablief. Er sah, daß mit der Gralssuche die
Schwierigkeiten für Artus erst begannen. Er sah, daß Artus seinen Thron an
seinen einzigen und unehelichen Sohn verlieren sollte, der sich dessen mit
Gewalt bemächtigen, die Affäre zwischen Artus´ Gemahlin Gwendolyn und ihrem
ersten Ritter Lancelot aufdecken und am Ende Artus selbst umbringen würde.
Sein Leben würde nicht sehr ruhig enden. So gesehen waren das nicht besonders
erfreuliche Aussichten. Doch das wußte Artus ja nicht. Und Hermes würde den
Teufel tun, es ihm zu verraten.
Er schwieg
und dachte nach. Wenn Artus noch nichts vom Gral wußte, aber er selbst das
Wissen davon besaß, dann hieß das einfach, daß Hermes sich in einer Zeit
befand, die vor der Gralssuche lag. Und wenn er es ihm jetzt sagte? Würde das
nicht heißen, daß er für sein weiteres Schicksal verantwortlich war? Daß mit
seiner unbedachten Bemerkung die Geschichte ihren Lauf nehmen würde? Hatte er
damit die Lawine der Schwierigkeiten nicht erst losgetreten? Legende hin oder
her, er hatte nicht die geringste Ahnung, was er sagen sollte. War er damit
nicht für das Schicksal von Artus verantwortlich? Oder befand er sich jetzt
gerade in einer Schleife im Zeitkontinuum? Vielleicht konnten Schweine auch
fliegen? Vielleicht mußte er es ihm sagen, damit die Ereignisse ihren Lauf
nahmen? Er hatte keine Ahnung.
„Und?“
Artus wartete auf eine Antwort.
Er konnte
es ihm genausogut gleich sagen. Die Sache würde sowieso passieren, ob er nun
eine Antwort gab oder nicht.
„Also der
Gral, der Heilige Gral besser gesagt, ist der Kelch, in dem das Blut Jesu
Christi bei seiner Kreuzigung aufgefangen wurde.“ Fanfarenstöße erschallten
plötzlich in seinem Gehirn und ein kalter Schauer lief seinen Rücken
hinunter. Er guckte einfach zu oft in die Glotze. „Naja, die Legende sagt,
wer daraus trinkt, erhält das ewige Leben. Und du hast ihn gesucht.“ Hermes
dachte einen kurzen Moment nach. „Ob du ihn gefunden hast, weiß ich jetzt
aber auch nicht, hmmm...“
„Nein hab
ich nicht, denn das wüßte ich!“ sagte Artus bestimmt. „Oder, Gawain?“ Er
hatte sich zu Gawain umgedreht und blickte ihn fragend an.
„Nein
Chef, hast Du nicht, du hast bestimmt keinen Gral gefunden.“ antwortete Gawain.
„Oh Gott, er hat keinen Gral gefunden, wie schrecklich, hm, ts ts ts.“
Bedenklich schüttelte er den Kopf in die Runde. Diese fiel in das
Kopfschütteln ein und murmelte ebenfalls bedenklich vor sich hin. „Is ja gut,
is ja gut, kriegt euch wieder ein!“ Er wandte sich wieder Hermes zu. „Das
ewige Leben? Wenn man daraus trinkt, erhält man das ewige Leben?“ Seine Augen
bekamen für einen kurzen Moment einen ganz bestimmten Glanz. „Das ist doch
ein Witz, oder?“ Schnell war das Glänzen einem desillusionierten Blick
gewichen.
„Nein,
nein, nach der Legende erhält man das ewige Leben!“ sagte Hermes und
lächelte.
„Das ewige
Leben!“ flüsterte Artus ehrfürchtig. Seine komplette Mannschaft schwieg tief
bewegt mit ihm.
„Ähm.“
Gawain
räusperte sich. Er mußte der Pragmatiker der Mannschaft sein, denn seine
Rührung hielt nur sehr kurz vor. Wenn sich´s der Autor so recht überlegt, war
er eigentlich überhaupt nicht gerührt. „Und wann soll das gewesen sein?“
fragte er nach einer unumgänglichen Respektsphase.
„Was?“
Hermes war wieder verwirrt. Er kam mit dieser Situation nicht so ganz klar.
Er wußte einfach nicht, was er von dieser Sache halten sollte.
„Na daß
Artus diesen Gral gefunden haben soll, also ich hab nichts in meiner
Inventarliste und was wir je gefunden, geschenkt bekommen oder requiriert
haben, das hab ich da aufgeschrieben, aber da steht aber nichts von einem
Gral!“ Drohend fuchtelte er mit dem zusammengerollten Stück Pergament vor
seiner Nase herum und schien jeden Augenblick damit zustechen zu wollen. Hermes
wich erschreckt ein wenig zurück.
„Beruhig
dich wieder Gawain! Du sollst mir doch nicht immer die Leute so verschrecken!
Also, Hermes, so war doch dein Name, oder, tja ähm, wann soll das gewesen
sein, das von wegen geeintem England, und so?“ fragte der König.
„Äh, ja so
um hm, was habt ihr für ein Jahr?“
„1029!“
„1027
ungefähr glaub ich!“ Hermes grinste.
„Hmm, ja
das kommt ungefähr hin. Seit knapp zwei Jahren haben wir ein bißchen Ruhe im
Reich! Aber ich würde niemals so weit gehen, zu sagen, daß das Reich geeinigt
ist! Wie gesagt, oben im Norden gibt´s immer noch ein paar Idioten, die uns
tierisch auf die Nerven gehen!“ Er schwieg einen Augenblick. „Und wann soll
ich diesen Gral gesucht haben?“
„Tja, das
muß dann ungefähr jetzt gewesen sein!“ erklärte Hermes.
„Na ja
dann finden wir ihn bestimmt noch!“ Artus Augen leuchteten wieder. „Und du
wirst uns dabei helfen, nicht?“ Das klang mehr nach einem Befehl als nach
einer Frage.
„Hmm! Wenn
du darauf bestehst. Ich habe zwar keine Ahnung, wo und was ich suchen soll,
aber...ich kann´s ja mal versuchen. Aber was ganz anderes, wo reitet ihr
eigentlich hin? fragte Hermes.
„Himmel!“
Gawain klatschte sich mit der Rechten auf die Stirn. „Vor lauter Quatschen
hätt´ ich das jetzt fast vergessen! Der Steuergipfel! Los Leute! Wir sind
spät dran! Ihr wollt doch das Beruferaten nicht verpassen!“
Die ganze
Gruppe wendete ihre Pferde und setzte sich in Bewegung. Artus blickte ihn
etwas hilflos an. „Beruferaten, ja, ähm, hmmm, Beruferaten ist...Ich erklär´s
dir später!“ winkte er ab. „Los, komm mit!“ stieß er im Wegreiten
hervor.
Allein und
verloren blieb Hermes auf weiter Flur, saß unerklärlicherweise in seinem
Pyjama auf einem Pferd in einer Gegend, die aussah wie aus einem
zweitklassigem Fantasy-Film und dankte Gott, daß er kein Nacktschläfer war.
Bis er sich endlich besann, seinem Pferd die Sporen zu geben, waren die
komischen Gestalten schon ein ganz schönes Stück weg. Das Pferd galoppierte
los und warf Hermes dabei ziemlich hin und her --- das letzte Mal, daß er auf
einem Pferd gesessen hatte, lag lange zurück --- doch nach einer Weile
erinnerte er sich wieder, wie er sitzen mußte und hatte sie bald eingeholt.
„Versuch´ mal
etwas lockerer draufzusitzen“, rief Artus ihm zu, nachdem sie eine Weile
nebeneinander her geritten waren. „Du mußt den Gaul reiten, nicht er Dich!“
König Artus grinste.
Gaul ist
genau der richtige Ausdruck für dieses Vieh, dachte Hermes und lächelte
gequält zurück. Plötzlich erhob sich ein nur undeutlich wahrnehmbares
Geräusch vom Wald her, auf den sie gerade zuritten. Es hörte sich beinahe an
wie ein wildgewordener Haufen betrunkener Hooligans, die testosteron- und
alkoholberauscht der Bedienung nachstellten, oder sonst einem Opfer, das sich
nicht schnell genug die Bäume hochkam.
Er wußte
noch nicht, warum er ritt, und wie er überhaupt hierher gekommen war, aber
das würde er noch herausbekommen. Das Einzige was er wußte, beziehungsweise
glaubte, war, daß diese Leute König Artus und seine Tafelrunde waren. Das
gaben sie jedenfalls vor. Die Möglichkeit, in eine dieser wie Pilze aus dem
Boden schießenden Fernsehsendungen geraten zu sein, die es sich zur Aufgabe
gemacht hatten, Leute auf Kosten anderer um jeden Preis zu erheitern, hatte
er ebenfalls noch nicht völlig ausgeschlossen. Er konnte aber nirgends eine Kamera
entdecken. Egal.
Zurück zur
Tafelrunde. Wie gesagt, da war dieses Geschrei. Langsam wurde es deutlicher
und am Horizont war eine graue, verschwommene Masse zu erkennen. Unsere
kleine Gruppe hielt die Pferde an, und nach einem genaueren Blick konnte Hermes
feststellen, daß es Männer auf Pferden waren, die komische große Dinger in
ihren Händen durch die Luft schwangen. Wirklich viele Männer, erschreckend
viele Männer!
„Und was
sind jetzt das für Typen?“ murmelte Hermes halblaut vor sich hin.
„Ach die, das
sind diejenigen meiner Untertanen, die sich mit mir über meine Steuerpolitik
unterhalten wollen.“ antwortete Artus.
„Unterhalten?“
fragte Hermes interessiert.
„Naja,
eigentlich ist es mehr ein Streitgespräch, aber doch mehr vom Charakter einer
Unterhaltung!“
„Unterhaltung,
so so, aber die haben alle so gefährliche Sachen in den Händen, und äh, ihre
Argumente scheinen mir ziemlich schlagkräftig zu sein!“
„Jaja,
immer dieses leidige Thema mit den blöden Morgensternen und so. Ich kann´s
schon nicht mehr hören. Abrüstung, pah! --- Blödsinn! Dann würden wir ja alle
nackt dastehen! Stell dir mal vor, es würden alle ihre Waffen abgeben. Mit
was und vor allem auf wen sollten wir dann noch einschlagen? Häh?“
Die ganze
Gruppe gab zustimmend-ablehnendes Gemurmel von sich.
„Und
überhaupt, hast Du Dir schon mal überlegt, was wir so alles mitschleppen?
Schwerter und Speere sind auch nicht gerade die überzeugendsten
Friedenssymbole!“ Artus grinste etwas verlegen.
„Ja, aber
Du bist doch der König!“ Hermes versuchte ihn aus der Reserve zu locken.
„Wieso beendest du die Debatte nicht einfach per Gesetz?“
„König,
König --- ich hör immer KÖNIG!“, brauste Artus auf und sein Grinsen
verschwand, „Hat mich einmal jemand gefragt, ob ich überhaupt Lust habe,
König zu sein? Was kann ich denn dafür, daß ich als kleiner Junge so blöd
war, das scheiß Schwert aus dem doofen Stein zu ziehen? Ja, ja, danach hieß
es immer, ich wäre der Auserwählte!“
Er
schnappte schnell nach Luft, bevor er weiterlamentierte. „Der Auserwählte,
daß ich nicht lache! Der Angeschmierte bin ich, denn mich scheißt das Volk
an, wenn es nicht genug zu Fressen hat! Und jeden Monat dieselbe Leier mit
meinen Angestellten und Soldaten. Da hör ich nur: Chef, ich brauch mehr Geld,
die Inflation steigt ständig, meine Tochter kriegt ihr sechstes Kind, ich
brauch ne neue Kutsche und so weiter und so weiter. Immer wenn ich so´n
Scheiß höre, denk´ ich mir: hätt' ich doch bloß das blöde Schwert nicht aus
dem scheiß Stein gezogen! Und nicht genug, daß ich auch noch heiraten mußte,
nein, es mußte auch noch diese „Miß Camelot“, diese Gwendolyn sein!“ Artus
verdrehte die Augen. „Das ganze hängt mir dermaßen zum Halse raus, und dann
sagst Du, Du bist doch der König, Du bist doch der König!“ Seine nachäffende
Stimme überschlug sich fast vor Zorn. Man konnte wirklich sagen, daß er sich
ziemlich aufgeregt hatte.
„Gottseidank
bin ich nicht König!“ sagte einer der Ritter erleichtert. Wieder verdrehte
Artus die Augen und stöhnte.
„Das wirst
Du auch nicht werden, Kai, keine Sorge!“ erwiderte Artus gequält grinsend.
„Dafür ist ein bißchen mehr nötig, als dicke Muskeln und ein großes Maul.
Dafür braucht man obendrein ein wenig Grips --- etwas, von dem du nicht
unbedingt behaupten kannst, damit gesegnet zu sein!“
Das hatte er nun
gerade nicht erwartet. Er war eigentlich auf alles Mögliche gefaßt, nein,
eigentlich war er auf überhaupt nichts gefaßt gewesen, aber er hätte
zumindest eine Menge unangenehmer Fragen erwartet, doch scheinbar war der
Umstand, daß er einfach so aus dem Nichts aufgetaucht war, nicht von
Interesse. Jedenfalls von keinem besonderen (außer für ihn natürlich). Nun
gut.
„Aber wie
man so hört, ist deine äh, Gwendolyn doch die meistbegehrteste Frau im ganzen
Land!“ versuchte Hermes den Faden wiederaufzunehmen.
„Meistbegehrteste
Frau, pah! Nicht von mir! Und selbst wenn sie das wäre, was hätte ich davon?
Wenn wir uns irgendwo zeigen, bilden sich sofort Trauben von balzenden
Rittern um sie! Weil sie so einen, äh, großen Dingens hat,“ sagte er und beschrieb
mit beiden Händen eine Bewegung, die Hermes eindeutig bekannt vorkam, „Ich
komm dann nicht näher als drei Meter an sie ran, ist das vielleicht
gesellschaftliches Leben? Außerdem geht sie mir sowieso tierisch auf den
Sack!“
Während
Hermes über diese völlig neuen Aspekte der Thronbesteigung und Artus
überhaupt nachdachte, war die schier endlose Horde der Gestalten schon
bedrohlich nahe gekommen und Hermes fragte sich, was Artus wohl zu
unternehmen gedachte. Die Dinger, die sie durch die Luft schwangen, sahen
definitiv nicht wie übergroße Wattestäbchen aus, nein, irgendwie erinnerten
sie ihn an moderne Baseballschläger, die jemand als Nagelbrett mißbraucht
hatte. Naturgemäß erschrak Hermes beim Anblick solcher Mordsinstrumente, die
er nur aus Ritterfilmen oder angestaubten Museen kannte.
„Was
machen wir jetzt?“ fragte Artus seine Gefolgschaft, die aus immerhin gut 10
Mann bestand.
„Ich würde
sagen, wir drehen jetzt gaaanz langsam unsere Pferde um und haun´ dann ganz
schnell ab“, schlug der etwas ängstlich wirkende Lanzelot vor. Er war der
Einzige, der nicht in einer Ritterrüstung steckte, sondern eine ganz normales
Lederwams trug.
„Mann,
Lanzelot! Wie lange ist eigentlich deine letzte Sitzung bei Merlin her? Du
bist ja schon wieder feige! Manchmal frage ich mich, ob dieser
Psychologen-Scheiß überhaupt etwas bringt. Scheiß Kampftrauma!“
„Kampftrauma?“
fragte Hermes.
„Äh, ja,
das ist ne verflixt blöde Sache! Bei einer der letzten Schlachten hat sich
Lancelot was eingefangen. Hatte was mit der Ernährung zu tun! Seitdem scheißt
er sich buchstäblich in die Hosen, sobald´s zur Sache geht!“ erklärte Artus
und verzog seine Mundwinkel etwas eigenartig. Die ganze Tafelrunde prustete
los. „Treffend formuliert, Chef!“ kommentierte einer. Lancelot wurde rot und
seine Kopf rutschte tief in seine Jacke. Er sackte in sich zusammen.
„Hmhm.
Und?“ fragte Hermes. Er verstand nicht so ganz, worum es ging.
„Was und?“
„Und
weiter?“
Nach
langem Hin und Her rückte Artus mit der Sprache heraus, und das auch nur,
weil Lancelot außer Hörweite ritt, so daß ihm die Peinlichkeit erspart blieb.
Die
Ernährung war bei Rittern nicht zu vernachlässigen. Lanzelot hatte vor der
letzten Schlacht wohl etwas Falsches gegessen, so nahm Artus an, denn es
wußte natürlich niemand genau, was am Ende tatsächlich für dieses wirklich
peinliche Schlamassel verantwortlich war. Die richtige und maßvolle Ernährung
war insofern äußerst wichtig, als Schlachten im Durchschnitt 3-17 Tage
dauerten (mehr als 17 Tage würde gegen die Konvention von Camelot aus dem Jahre
1017 verstoßen). Und wie damals üblich, trugen Ritter eiserne Rüstungen;
diese abzulegen, vor allem in kurzer Zeit, stellte eine nicht zu
unterschätzende Schwierigkeit dar. Bananen, die dieses Problem bekämpfen
konnten, waren leider noch nicht entdeckt, also blieb den Rittern weiter
nichts anderes übrig, als die Arschbacken zusammenzukneifen. Erstaunlich, daß
trotz dieses Problems die Schlachten selten kürzer als drei Tage waren, doch
das führt uns eigentlich weg von Lanzelots Misere.
Naja,
jedenfalls lief alles wie immer, Lanzelot hatte gerade seinen 23. Feind
erschlagen und war mit dem 24. beschäftigt, als sein Darm lautstark und
unerbittlich seine Entleerung forderte. Sein Gegner, ein stämmiger Kerl von
hünenhafter Statur, erschrak ziemlich wegen dieses unerwarteten Vorfalls, was
seinem Schicksal leider seinen unabwendbaren Lauf gab, denn er ließ sein
Schwert vor Schreck genau in dem Moment sinken, als der wesentlich kleiner
gewachsene Lanzelot zu einem furchtbaren Hieb ausholte, welcher nicht nur den
Schädel seines Gegners, sondern gleich den ganzen Kerl von oben bis unten
spaltete. Natürlich hatte Lanzelot prompt mehrere Hauptschlagadern
durchtrennt, so daß es ein furchtbare Sauerei gab . Das Blut des nunmehr
toten Gegners spritzte in pulsierenden Fontänen hoch in die Luft, und jeder,
der sich im Umkreis von fünf Metern befand, war nach kurzer Zeit so
überströmt, daß Merlin, der nebenbei der Hauspsychologe war und mit Lancelot
eigentlich genügend zu tun hatte, für die nächsten Monate hoffnungslos überlastet
war. Der tödlich gespaltene Kerl saß auf seinem Pferd und wollte einfach
nicht glauben, daß seine Daseinsberechtigung abgelaufen war. Doch sein Körper
tat es, und so stürzte er rechts und links vom Pferd herab.
Doch das
war nicht das eigentliche Problem. Lancelots Darm bestand unangenehm
nachdrücklich auf seinem Recht und ließ sich auch nicht durch Blutbäder
ablenken. Lanzelot mußte es wohl versäumt haben, zu tun, was alle Ritter tun,
wenn sie in die Schlacht ziehen und hatte deshalb den ganzen Tag über einen
unangenehmen Druck in seiner Darmgegend verspürt, was möglicherweise der
Grund dafür war, daß er in dieser Schlacht ganz besonders heftig und
unbarmherzig --- ganz gegen seine gewöhnliche Art übrigens --- auf seine
Gegner einschlug. Und so hatte er nichts Eiligeres zu tun, als das Versäumte
nachzuholen und schnellstmöglich von seinem Pferd herunterzukommen, um den
nächsten Busch zu finden. Das erste Dilemma dabei war, daß er weit und breit
keinen Busch auftreiben konnte. Lanzelot sah sich vergeblich nach einer
Möglichkeit um, sein Geschäft zu verrichten, vor allem nach einem Weg, dies
möglichst unbeobachtet zu tun, denn das zweite Dilemma bestand darin, daß
eine von Lancelots Eigenschaften --- keine der so oft gepriesenen wie sein
Mut, seine Stärke oder die Schönheit seines Geistes und seiner Gestalt ---
die Scham war. Der Natur war diese an sich liebenswerte Eigenschaft ziemlich
wurscht, und so nahm sie ihren unerbittlichen Lauf. Lanzelot nahm es der
Natur natürlich krumm, daß sie ihm so übel mitspielte und drehte durch. Er
lief rot an, stampfte mit den Beinen auf die Erde ein, als ob sie etwas dafür
könne, preßte Laute aus sich heraus, die selbst einem Irrsinnigen schlecht
angestanden wären und verbreitete dann einen ziemlich üblen Geruch. Daraufhin
mußte die Schlacht abgebrochen werden – wegen ungünstig stehendem Wind, wie
König Artus zuhause verkünden ließ.
Doch zurück zu
den furchterregenden Gestalten. Ihre Anzahl war beachtlich. Es waren so an
die... naja jedenfalls viel zu viele, schätzte Hermes.
„Okay,
Artus,“ sagte der Anführer, der den anderen vorausgeritten war und die
Tafelrunde bereits erwartete, „zahlen oder spielen?“
„Spielen
natürlich!“ grinste Artus.
„Was soll
das denn jetzt“, fragte Hermes, „wird jetzt etwa nicht gekämpft?“
„Nein, wir
kämpfen nicht mehr, das hat sich erledigt!“ antwortete Artus etwas bedrückt.
Hermes machte ein Gesicht, als hätte ihm gerade jemand gesagt, daß sein Vater
nicht sein Vater, sondern Adolf Hitler gewesen war. Er starrte ihn mit ins
Gesicht gemeißeltem Unglauben an.
„Paß auf,
ich erklär´s Dir. Wir leben halt in modernen Zeiten. Seit ein paar Jahren
gibt es bei uns nämlich eine kleine Gruppe völlig weltfremder Spinner, die
--- aus welchen Gründen auch immer, sind wahrscheinlich Wohlstandskinder,
denen der Hintern heute noch gewischt wird --- keine abgeschlagenen Arme und
Beine, geschweige denn Köpfe sehen können. Und so verlangten sie, den Kampf
zu verbieten, denn so was wäre barbarisch!“ Hermes lachte. „Ja ja, anfangs
habe ich auch noch darüber gelacht und es vorgezogen, diese Spinner zu
ignorieren, doch irgendwie haben sie es geschafft, das Volk damit auf ihre
Seite zu bringen. Gut, mit ihrer Forderung, die Energiesteuer drastisch
anzuheben, weil das Staatssäckel relativ leer ist, und nach ihrer Ansicht viel
zu viel Energie verschwendet werden würde, haben sie sich dann eher
lächerlich gemacht --- man stelle sich mal vor, fünf Pfund für einen Sack
Hafer! Kostet im Einkauf ein paar Pennies! Weißt du wieviel ein Pferd am Tag
frißt?“ Hermes schüttelte den Kopf. „Tja, ich auch nicht! Aber meine
Untertanen sind eben auf das Pferd angewiesen, um ihre Waren zu
transportieren, zur Arbeit zu reiten, was auch immer. Jedenfalls war´s sehr
schnell vorbei mit dem „Bündnis für Umwelt“, so hieß die Gruppe, ich habe nie
wieder was von ihnen gehört. Doch die Abneigung des Volkes gegen den Kampf
blieb. War ja auch kein Wunder, denn sie mußten ja schließlich ihre
Strohköpfe hinhalten. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als mir die
Sache durch den Kopf gehen zu lassen. Obendrein schlugen auch die Barbaren in
dieselbe Kerbe, denn denen schien es auch mehr als recht zu sein, wenn sie
nicht mehr kämpfen mußten. Nun ja. Was sollte ich machen? Kurz und gut: Wir
haben eine Ersatzlösung gefunden: den 17 + 4 Vertrag. Um mir also die immer
lauter schreienden Abrüstungsbefürworter und die Barbaren, deren Anführer
Habnix du hier stehen siehst, vom Leib zu halten, spielen wir lieber, statt
uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Ist auch besser so, war ja auch
immer ne große Sauerei! Mußte hinterher ja immer jemand aufräumen, all die
Leichen, die abgeschlagenen Hände, Arme und Beine! Und das Wichtigste: das
waren alles potentielle Steuerzahler, die wir umgebracht haben! Wir haben
quasi den Ast auf dem wir sitzen, peu á peu selbst abgesägt!“
„Aber das
ist doch albern!“
„Wieso
albern?“
„Naja, das
hier ist das finstere Mittelalter, die Zeit der Ritter und Raubritter, der
Burgfräulein und Drachen, da werden Streitereien um Geld und Weiber ja wohl
noch in ehrlichem, hartem Kampf Mann gegen Mann ausgetragen, oder nicht?“
„Ja ja,
bis vor kurzem, aber seit dem Zwischenfall mit Lanzelot haben wir uns dann
doch auf den 17+4-Vertrag geeinigt. Ist ja auch besser für die Verdauung!“
„Äh..!?“
Aha! Er
war doch in so einer Show mit versteckter Kamera. Unauffällig suchte er die
Umgebung ab, doch er konnte nichts Außergewöhnliches entdecken. Also beschloß
er, erst einmal gute Miene zum absurden Spiel zu machen.
„Wieso
eigentlich 17+4-Vertrag?“ fragte Hermes nach einer Weile.
„Weiß ich
auch nicht so genau, das war ein Vorschlag von Habnix!“
Hermes
konnte nicht glauben, was er da hörte. 17+4-Vertrag? Abrüstungsbefürworter?
Im Mittelalter?
Sein
Gehirn drehte sich.
Alle
setzten sich auf den Boden. Von denen, die sich auf ihre Morgensterne
setzten, waren ein paar vereinzelte Schmerzschreie zu hören.
„Wir
müssen noch einen Schiedsrichter bestimmen,“ sagte König Artus zu ihm
gewandt.
„Wieso
machst du das nicht, Hermes?“
„Wieso
ich?“
„Naja,
weil Du unparteiisch bist!“
„Wieso
unparteiisch?“
„Naja, wir
haben keine Ahnung, wo Du hergekommen bist, und Du gehörst weder zu uns, noch
zum Volk! Oder Leute? Gehört der zu euch?“ fragte Artus in die Gruppe
sitzender Barbaren. Ein allgemeines Gemurmel entstand, das Artus als
Verneinung interpretierte. „Eben! Normalerweise macht das ja immer Gawain,
aber der gehört ja zu meinen Leuten und wenn du schon mal da bist...“
Hermes
überlegte. Artus letzter Bemerkung entnahm er, daß auch er keine Ahnung
hatte, was hier überhaupt lief, jedenfalls schien er sich keine besonderen
Gedanken darüber zu machen, daß Hermes einfach so auf einem seiner Pferde aus
dem puren Nichts erschienen war.
„Gut, was
soll ich machen?“ willigte er schließlich ein, denn es half ja nichts.
„Ist ganz
einfach, paß auf: Wir spielen jetzt Beruferaten.“
Hermes schaute
Artus völlig entgeistert an.
„Kuck
nicht so blöd! Hör zu! Abwechselnd stellt sich einer der zwei Parteien einen
Beruf vor, den er Dir ins Ohr flüstert, und den die andere Partei dann, äh,
raten muß. Es werden in jedem Fall drei Runden gespielt, es sei denn, eine
Partei ist pleite. Wenn die gewinnen, dürfen sie die Steuer um 10 % senken.
Wenn ich gewinne, darf ich sie um 10% erhöhen.“
„Ihr
spielt Beruferaten statt zu kämpfen?“ flüsterte Hermes.
„Ja,
Beruferaten!“ Für Artus schien das ein absolut normaler Vorgang zu sein. Für
Hermes war es das absolut nicht.
„Beruferaten....
Wieso ausgerechnet Beruferaten?“
„Wieso
nicht Beruferaten? Das ist der Renner im Land, ach was sag ich, auf der
ganzen Insel! Außerdem, wenn es alle meine Untertanen mit diesen Gauklern auf
den Märkten spielen können, dann können wir das ja wohl auch, oder?“
Hermes war
viel zu verdutzt, als daß ihm darauf irgend etwas eingefallen wäre, und wenn,
dann wäre es nur etwas dämliches gewesen und so ergab er sich in sein von
Artus gewolltes Schicksal.
„Äh, ja,
noch was, Hermes. Du mußt das Sparschwein verwalten! Gawain? Das
Sparschwein!“
Umständlich
suchte Gawain in seiner langen Kutte, die er über der Rüstung trug, nach dem
Geforderten.
„Hier ist
es, Chef!“ Gawain händigte Artus ein Blechsparschwein aus und der gab es an
Artus weiter.
„Die
Anderen fangen zu raten an, und für jedes 'Nein' müssen sie zwei Pfund rein
stecken!“ erklärte er. „Alles klar? Dann kann´s ja losgehen!
Okay
Hermes, der Beruf, den ich mir ausgedacht habe ist ...“ flüsterte Artus
Hermes ins Ohr.
„Also
Habnix, dann fang mal an!“
„Die
Handbewegung, Chef!“ erinnerte Lanzelot vorsichtig.
Artus
bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. „Ah, ja, hab ich vergessen, also
alles herschauen!“ Er machte eine eigentümliche Handbewegung, wobei er so
tat, als ob er irgendwas mit beiden Händen umklammern würde, und dann dieses
imaginäre Irgendwas einmal nach rechts und einmal nach links drehte.
„So, und
jetzt fang an, Habnix!“
„Tja, äh,
also, hat es was mit Kochen zu tun?“
„Nein!“
Artus grinste.
Widerwillig
warf Habnix zwei Pfund in das Schwein und dachte dann angestrengt nach. Es
war ihm anzusehen, daß ihm das nicht gerade leicht fiel. Es dauerte auch eine
ganze Weile, bis ihm etwas Neues einfiel.
„Ist es
vielleicht ein Küfner?“ Sein Gesichtsausdruck hatte etwas Kindliches.
Artus
betrachtete ihn geringschätzig und sagte dann unverblümt „Nein!“
Habnix
warf noch widerwilliger zwei Pfund in das Schwein und dachte noch
angestrengter nach.
„Hat es
vielleicht etwas mit Rädern zu tun?“
„Tja, äh,
könnte man sagen.“ Artus wurde sichtlich unwohl. Seine Gesichtszüge zogen
sich etwas zusammen und die Anspannung machte sich auf seinem Gesicht breit.
„Also was
jetzt, hat es damit zu tun, oder hat es nicht?“ Habnix wurde leicht
ungeduldig.
„Es hat!“
gab Artus schließlich zu.
Wieder
dachte Habnix angestrengt nach, wobei er seine zernarbte Stirn in tiefe
Denkfalten legte.
„Ist es
vielleicht ein Rädermacher?“
„Nein!“
Artus triumphierte. „Das war schon das dritte 'Nein'!“
„Könnte es
sein, daß...“begann Habnix.
„Steck
erst mal die zwei Pfund in das Schwein!“ sagte Hermes.
Artus
lächelte. Hermes verstand und begann das Spiel mitzuspielen.
Umständlich
fing Habnix an, in seinen Taschen zu wühlen, und das Einzige, was er dabei
ans Tageslicht förderte, sah nach etwas aus, was vielleicht zu längst
vergangenen Zeiten einmal eßbar gewesen sein mochte.
„Wer kann
mir´n was pumpen?“ fragte Habnix seine Gefährten verlegen.
Das
Hintergrundgemurmel, das die Szene begleitete, war plötzlich weg, als ob
jemand den Ton abgedreht hätte. Jeder schaute in eine andere Richtung und
plötzlich erschienen Grashalme und Bodenunebenheiten seinen Gefährten
wahnsinnig interessant.
„Also
Leute, jetzt schaut mal nach, was ihr so an Geld dabei habt, und zwar ist das
ein BEFEHL!“ forderte Habnix seine Männer etwas verärgert auf. Widerwillig
begannen seine Mannen in ihren Taschen zu kramen und nachdem jeder sein
letztes Geld zusammengekratzt hatte, ging Habnix mit seinem Helm herum und
sammelte es ein. Nach mehrmaligem Zählen kam er auf genau 14 Pfund 20
Schilling. Bißchen wenig für so einen Haufen Leute, fand er. Er dachte aber
nicht länger darüber nach und steckte die fehlenden zwei Pfund arglos in das
Schwein.
„Könnte es
sein, daß es etwas mit Glas zu tun hat?“
„Nein!“
Artus´ Laune hob sich. Seine Mundwinkel, die sich eben noch tief unten
befunden hatten, strebten wieder aufwärts.
Wieder
steckte Habnix 2 Pfund in den Schlitz und dachte noch ein bißchen
angestrengter nach. Hermes erwartete bei dieser ganzen Anstrengung den Kopf
Habnix´ platzen zu sehen, oder doch wenigstens rauchen, aber Habnix hatte
nicht den Anschein, als ob sein Kopf irgend etwas tat, statt dessen verdrehte
er die Augen ein bißchen, dann ging ein Leuchten über sein Gesicht.
„Jetzt hab
ich´s, jetzt hab ich´s, es ist ein Zauberer, nicht wahr?“
„Nein, ist
es nicht!“ grinste Artus, und es war ihm anzusehen, daß er sich schon als
Sieger sah.
Enttäuscht
warf Habnix weitere zwei Pfund in den Schlitz, und jetzt blieb ihm noch Geld
für vier Fragen übrig.
„Ist es
ein Gastwirt?“
„Auch
nicht!“ sagte Artus lakonisch.
Noch Geld
für drei Fragen, und Habnix geriet allmählich ins Schwitzen.
Diese
Phase dauerte aber wider Erwarten gar nicht mal lange, denn ein Grinsen
machte sich auf seinem Gesicht breit, und siegessicher meinte er Artus
diesmal packen zu können:
„Es ist
ein Schweinehirt!“
„Nein! Es
ist kein Schweinehirt!“
„Es ist
kein Schweinehirt?“ fragte er ungläubig. „Aber wieso nicht? Bei den anderen
Spielen auf dem Markt war es meistens ein Schweinehirt!“ sagte Habnix
ziemlich erstaunt.
„Es ist
aber kein Schweinhirt! Und damit basta! Und jetzt hast Du nur noch zwei
Fragen übrig. Wenn Du´s bis dahin nicht schaffst, sieht´s aber schwarz für
Dich aus, mein Lieber!“
„Wieso,
was passiert denn, wenn er´s in zwei Fragen nicht errät?“ fragte Hermes
neugierig.
„Naja,
dann ist es seine neunte Frage und er hat kein Geld mehr für eine zehnte,
dann wird die Runde abgebrochen, und das heißt, daß er keine Rückrunde
bekommt. So steht´s in den Regeln!“ erklärte Artus.
„In
welchen Regeln?“ fragte Habnix
„Na im
17+4-Vertrag, den du selbst ausgehandelt hast! Gawain! Den Vertrag!“
„Chef?“
„Den
17+4-Vertrag, Gawain!“
„Ach so,
Chef, ja, Augenblick Chef!“
Wieder
kramte Gawain umständlich in seinem Mantel herum und fand nach längerem
Suchen ein zusammengeknülltes Etwas, das er Artus reichte.
„Hier
Chef!“
Artus
entfaltete das fettige Stück Pergament und begann zu lesen:
„Abrüstung,
Abtreibung, Abreibung, Abgang, Abfall --- Abfall? Gawain! Haben wir uns die
neue Abfallverordnung der Tafelrunde schon angesehen?“
„Äh, Chef,
wollten wir das nicht nächsten Freitag machen?“
„Wieso
Freitag? Da hab ich doch frei !
„Ihr
hattet doch noch nie frei an Freitagen, Chef!“
„Na gut,
dann werden wir das eben jetzt einführen! Schreib auf: Hiermit wird der
Wochentag ’Freitag’ umbenannt in „Artus ’Freitag’ Datum Unterschrift usw.“
„Schön
nicht?“ zwinkerte Artus Hermes zu, „so einfach geht das wenn man König ist!“
Hermes dachte gar nichts.
„Also dann
Mittwoch?“ fragte Gawain.
„Ja gut,
Mittwoch ist mir recht, halt nein doch nicht, Mittwoch muß ich zur
Jahreshauptversammlung der „Kanonen-statt-Butter AG“, da sitz ich nämlich im
Aufsichtsrat, sagen wir einfach nächsten Montag! Wo waren wir? Ach so ja ---
Abfall, Abfall, Abfall, ja hier, Ankündigungen, Anreise, Anstalt,
Bannsprechen, Bannaufheben, Banner, Beruferaten, ah hier ist es!
Beruferaten
§ 19 Absatz 1 17+4-Vertrag: Ich zitiere:
'Beruferaten
ist der Ersatz für kämpferische Auseinandersetzungen bezüglich Differenzen
zwischen dem König und seinen Untertanen sowie aller anderer sich im Lande
befindlicher Personen (juristische Personen genießen eine Ausnahmeregelung
gemäß § 134 Absatz 3 Protektionszusatzvertrag) bezüglich der
Steuerabgabe- bzw. -Erhebung. Das Spiel bla bla bla... ist es einem der
beiden Parteien nicht möglich, den zu zahlenden Betrag aufzubringen, und die
Runde ist noch nicht zu Ende, so wird diese Runde dem Gegner zugesprochen und
es gibt keine Rückrunde.'
Na, was
sagst Du nun?“
„Tja, äh,
was soll ich sagen, reichlich verwirrend das Ganze, findest Du nicht Artus?“
„Genau! So
soll es ja sein! Los jetzt Habnix, stell Deine achte Frage!“
„Könnte es
vielleicht ein Fleischer sein?“ fragte Habnix.
„Nein!“
Zum
vorletzten Mal warf Habnix zwei Pfund in das Sparschwein.
„Jetzt
überlege genau, das ist Deine allerletzte Chance!“ sagte Artus fairerweise.
Habnix überlegte genau. Dann sagte er, als ob er eine Eingebung gehabt hätte:
„Hmm, naja, vielleicht könnte es ein Kutscher sein?“
Artus
wurde käseweiß. „Ähm,“ krächzte er, und dieses «Ähm» mußte sich aus dem
tiefsten Dunkel seines Magens empor kämpfen, „fast“, brachte er noch hervor,
bevor er sich einem fulminanten Hustenanfall ergab, „aber ein Kutscher war´s
auch nicht!“
„Mist! Und
ich dachte, es wäre ein Kutscher! Was war´s denn nun?“ fragte Habnix.
„Tja, äh,
es war, nun wie soll ich sagen, äh, ein Taxifahrer!“
„Ein
Taxifahrer? Was soll das denn sein? Nie gehört, Taxifahrer. Das gibt´s doch
gar nicht!“ sagte Habnix sauer.
„Doch das
gibt´s!“ sagte Artus.
„Nee, das
gibt´s nicht!“ beharrte Habnix.
„Doch den
gibt´s!“
„Und woher
willst Du das wissen, hä?“
„Frag doch
Hermes!“
Hermes
lief es zuerst heiß hinauf und dann kalt runter. Jemand war in seine Welt
gedrungen, wie er vorher in die von Artus. Genauso plötzlich, wie er auf dem
Pferd saß, erschlug ihn nun das Unheimliche. Als ob man eines Tages nach
hause kommt, die Wohnungstür aufschließt, seinen Mantel an die Garderobe
hängt und dann entdeckt, daß der Schlag, der einen trifft, sich ganz langsam
ausbreitet, vom Magen in die umliegenden Organe, in die Lunge, die plötzlich
ihre Funktion einstellt, was man aber eigentlich gar nicht merkt, weil man
viel zu sehr damit beschäftigt ist, zuzuhören, wie das Herz aussetzt. Das
leise Pochen in den Ohren ist auf einmal abhanden gekommen und wird ersetzt
durch die hart gegen die Adern schlagende Welle elektrischen Stroms, die sich
gemächlich und unangenehm erst nach einem endlosen Weg durch Arme und
Beine in Zehen- und Fingerspitzen bricht, weil der Einbrecher, der wie ein
Taifun in der Wohnung gewütet hatte, keinen Stein auf dem anderen ließ.
Schnell, unspektakulär und lautlos ergriff das Entsetzen Besitz von seiner
ohnehin geschwächten geistigen Ordnung. Sein Bewußtsein war nicht mehr
sicher. Etwas war eingedrungen, das sein Herz für einen beängstigend langen
Moment zum Stehenbleiben brachte.
Artus konnte nicht
wissen, daß Taxifahrer ein Bestandteil seiner Welt waren. Er konnte es
einfach nicht wissen! Unweigerlich quollen kohlschwarze Sturmwolken über ihm
auf, untermalt von Beethovens Fünfter; sie schienen auf ihn niederzustürzen
und er sah seinen Verstand schon zerquetscht zwischen der Realität und einem
absurden Traum, der jedoch so dünn war, daß die Grenze nicht nur verschwamm,
sondern überhaupt nicht mehr existent war. Keine schützende Watte um ihn
herum, keine Möglichkeit, jederzeit aufwachen zu können, nichts, was ihn ein
bißchen beruhigt hätte. Nur der blanke Irrsinn.
„Tra, äh,
la, lalala, zwxsch...“ sabberte er verwirrt vor sich hin, bis er sich wieder
einigermaßen im Griff hatte.
Wahrscheinlich
hing jetzt ein blutiges Gemetzel von ihm ab, denn er glaubte nicht, daß es
Habnix akzeptieren würde zu verlieren, vor allem nicht durch etwas so
Fadenscheiniges. Eine Gestalt wie dieser Habnix gab nicht so einfach auf! Es
wäre der reine Selbstmord, ihm nicht recht zu geben, dachte Hermes, die
würden sie doch sofort niedermetzeln, bei dieser Übermacht. Das mußte einfach
ein Traum sein, dachte er, natürlich, er träumte, ganz klar!
Entschlossen wandte er sich Habnix zu und wollte eigentlich sagen, daß er
völlig recht habe und es Taxifahrer nicht gebe, doch irgend etwas machte ihm
einen Strich durch die Rechnung. Vielleicht war es das Schicksal, die
Vorsehung oder sonst irgend was von Menschen Erfundenes, wenn sie nicht mehr
weiter wußten. Jedenfalls fiel er fast in Ohnmacht, als er sich aus absolut
nicht einsichtigen Gründen sagen hörte: „Klar gibt´s Taxifahrer, das ist so
was Ähnliches wie eure Kutscher!“
Er merkte,
wie sein Magen fast augenblicklich einen Stockwerk tiefer sank. Ihm wurde
speiübel.
„Ehrlich?
Aber dann hab ich doch gewonnen, oder?“
Mist! Den
Kutscher hätte er vielleicht nicht unbedingt hinzufügen sollen!
„Nein,
hast Du nicht!“ erwiderte Artus mit einem grimmigen Seitenblick auf Hermes.
„Doch, hab
ich, wenn es so was Ähnliches ist, dann hab ich gewonnen!“
„Nein hast
Du nicht, denn Du hast Kutscher gesagt, und nicht Taxifahrer!“ Artus wurde
allmählich ärgerlich.
„Aber das
ist doch Beschiß!“ regte sich Habnix auf.
Hermes
wurde immer übler. Doch Artus schien in keinster Weise beunruhigt zu sein.
„Was heißt hier Beschiß? Du hast nach den Regeln ganz klar verloren, weil Du
den Begriff nicht erraten hast!“
„Aber
fast!“ Habnix war beleidigt.
„Aber fast
ist eben nicht ganz! Muß ich den scheiß Vertrag etwa noch mal hervorkramen
lassen?“ Langsam langte es Artus. Erstaunlich, dachte Hermes, wie überlegen
er wirkte. Dem müssen doch die Knie schlottern, angesichts dieser Übermacht,
doch Artus war absolut nichts anzumerken.
Tja,
dachte sich Hermes, das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum er der König
war. Angesichts seiner Steuerpolitik glaubte er zwar nicht, daß dieser
Zustand noch lange vorhalten würde, doch andererseits war Artus genau der Typ
Mensch, der einem in der richtigen Verpackung gepaart mit dem richtigen
Auftreten einfach alles verkaufen konnte.
„Nein,
nein, schon gut, schon gut! Okay, ich hab verloren! Aber das Eine sag ich
Dir, Artus, das nächste Mal werde ich gewinnen! Und wenn Du mir dann wieder
mit so was Fadenscheinigem wie ´nem Taxifahrer daherkommst, dann werde ich
mal den scheiß 17+4 Vertrag und meine gute Erziehung vergessen und Dir das
hier über den Schädel ziehen!“ Drohend hielt er Artus seine mit rostigen
Nägeln gespickte Keule unter die Nase.
„Na wer
wird denn gleich?“ sagte Artus süß grinsend.
„Los
Leute! Laßt uns abhauen!“ wandte sich Habnix an seine Männer.
Niedergeschlagen
rappelte sich die ganze Meute hoch, stieg auf, machte kehrt und ritt langsam
davon, bis sie nur noch ein kleiner Punkt am Horizont war, der sich in jenem
malerischen, von Kitschautoren wie mir beschriebenem Orange-Rot färbte, weil es
nämlich langsam Abend wurde.
„Ähm, du
sagtest, du wärst im Aufsichtsrat der ‚Kanonen-statt-Butter AG‘. Und wie paßt
das jetzt mit diesem 17 + 4 Vertrag zusammen? Ich meine, einerseits habt ihr
den Kampf abgeschafft, und andererseits produziert ihr noch Waffen! Wozu?“
wollte Hermes wissen.
„Mann,
bist du naiv!“ Artus lachte. Kollektiv fiel die Tafelrunde mal wieder ein.
„Natürlich bauen wir noch Waffen...“
„Und was
macht ihr dann damit, wenn ihr nicht mehr kämpft?“ unterbrach ihn Hermes.
Artus verdrehte die Augen. „Na was wohl? Wir verkaufen sie an kriegführende
Länder! Was glaubst du, wie ich meinen Staat sonst finanzieren soll? Weißt
du, wie viele Arbeitsplätze daran hängen? Wenn wir keine Waffen mehr
herstellen, gibt´s einen Haufen Arbeitslose mehr, das heißt einen Haufen
Steuerzahler weniger und dann müßte ich am Ende meine Steuern noch bei der
Großindustrie eintreiben!“
„Großindustrie?“
„Ja, bei
den Geschützbauern, wie die ‚Kanonen-statt-Butter AG‘, den Karren- und
Kutschenherstellern, den Schiffswerften, den großen Geldverleihern und so
weiter! Die wandern dann ab ins billige Ausland, kurbeln da die Wirtschaft an
und ich habe hier noch mehr Arbeitslose und noch weniger Steuerzahler. Das
ist alles so unglaublich kompliziert, das kannst du dir nicht vorstellen!
Damit haben schon Kriege angefangen! Die Länder, in die meine Industrie
abgewandert ist, merken natürlich schnell, woher der Wind weht, die sind ja
auch nicht blöd! Natürlich können sie sich ausrechnen, daß meine Staatskasse
dann bald leer sein wird, ihre hingegen voll! Und das heißt dann:
Krieg!
Sie würden
auf der Insel einfallen wie ein Schwarm Wanderheuschrecken!“
„Ja, aber
was ist dann mit dem Vertrag?“ fragte Hermes.
„Erstens
haben den nicht alle Länder unterschrieben, und zweitens, was glaubst du
denn, wenn die merken, daß ich pleite bin, daß ich mir einen Krieg nicht mehr
leisten kann, nicht mal n´en klitzekleinen, was der Vertrag dann noch wert
ist? Drum müssen wir weiter Geschütze bauen, auch wenn wir sie für ihren
eigentlichen Zweck höchstwahrscheinlich nie mehr brauchen werden!“
Das klang
verdammt nach Kapitalismus in Reinform.
© Axel Aures 2000
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